Forschungsprojekt GRALL: Wie Allergien helfen können, Krebszellen zu bekämpfen

Das GRALL-Projekt verbindet experimentelle Ansätze mit Untersuchungen von Blutproben von Menschen – und zwar schon aus der Zeit, bevor ein Glioblastom bei ihnen diagnostiziert wurde. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise werden solche Studien erst gemacht, wenn der Tumor schon entdeckt wurde. Diese Methode hilft Forschenden zu verstehen, wie Immunreaktionen – etwa bei Allergien – frühe Veränderungen im Körper bremsen könnten, die Tumoren begünstigen.

Für die meisten Menschen stellen Allergien eine erhebliche Belastung dar, die die Lebensqualität stark einschränkt. Doch seit einigen Jahrzehnten weist ein Forschungsfeld namens Allergoonkologie darauf hin, dass allergische Reaktionen auch positive Effekte haben könnten – insbesondere im Kampf gegen Krebs.

Foto: Neuroimmunologische Forschungsgruppe am Luxembourg Institute of Health (LIH)

02 Dezember 2025
Projet de recherche GRALL

Der Zusammenhang zwischen Allergien und Krebs steht im Zentrum des Projekts GRALL, das von Dr. Aurélie Poli am Luxembourg Institute of Health geleitet wird. In der neuroimmunologischen Forschungsgruppe von Dr. Alessandro Michelucci untersucht Dr. Poli insbesondere den Einfluss von Allergien auf das Glioblastom – den aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Hirntumor. Das Glioblastom unterdrückt gezielt das Immunsystem, wodurch herkömmliche Immuntherapien wenig wirksam sind.

Epidemiologische Studien zeigen jedoch, dass Allergiker offenbar ein geringeres Risiko haben, ein Glioblastom zu entwickeln. Auf Basis dieses Befunds konnte Dr. Polis Team bereits zeigen, dass allergische Reaktionen bestimmte Immunzellen im Gehirn beeinflussen, sodass sie Tumorzellen besser erkennen und bekämpfen können. In präklinischen Studien war dieser Effekt mit einer besseren Überlebensrate verbunden.

Aurélie Polie (PhD) erklärt in der Videoserie das Forschungsprojekt

„Diese Studie schafft die Grundlage für ein besseres Verständnis der durch das Glioblastom bedingten Immunsuppression und kann langfristig neue Therapieansätze inspirieren, die auf Allergiemechanismen beruhen.“

Aurélie Poli , Seniorwissenschaftlerin in der Neuroimmunologie-Gruppe (Abteilung für Krebsforschung) am Luxembourg Institute of Health (LIH)

Aktuell erforscht das Team die zugrunde liegenden Mechanismen. In Experimenten wurde ein Allergiemodell mit einem Hirntumormodell kombiniert. Mittels MRT konnte beobachtet werden, dass Tumore bei Allergien später auftraten und langsamer wuchsen. Dies legt nahe, dass allergische Reaktionen das Tumorwachstum bremsen können.

Die Arbeitshypothese von GRALL lautet: Da das Immunsystem bei Allergien in einem ständigen Alarmzustand ist, erkennt es Krebszellen schneller und bekämpft sie effizienter. Während Tumore das Immunsystem schwächen, werden durch Allergien starke Abwehrmechanismen aktiviert.

Bei Lungenkrebs können Allergien wegen der chronischen Entzündung kontraproduktiv sein

Die bisherigen Ergebnisse legen nahe, dass allergiebedingte Entzündungsprozesse das sogenannte Immunmilieu so verändern, dass sie der immunsuppressiven Wirkung des Tumors entgegenwirken. Das Gehirn besitzt ein spezielles Immunsystem, das sich vom restlichen Körper unterscheidet. Doch Hirntumore 
beeinflussen nicht nur die Abwehr im Gehirn: Sie senden auch Signale an andere Organe wie das Knochenmark, das für die Bildung von Immunzellen zuständig ist, und verändern deren Funktion. Dabei fördern sie die Produktion von Zellen, die das Tumorwachstum unterstützen und die Immunabwehr schwächen. In den präklinischen Modellen zeigte sich aber, dass diese Prozesse durch allergische Reaktionen blockiert werden können.

Die große offene Frage bleibt: Welcher Mechanismus ist für diesen schützenden Effekt verantwortlich? Allergien verändern den Stoffwechsel und die Struktur bestimmter Moleküle – doch welche dieser Veränderungen führen zur antitumoralen Wirkung? Wird das geklärt, könnte eine völlig neue Form der Immuntherapie entstehen – mit vielversprechendem Potenzial auch für andere Krebsarten.

Es gibt über 120 Untertypen von Hirntumoren. Die Wirkung von Allergien wurde bisher nicht bei allen untersucht. Trotz Fortschritte in der Forschung gilt ein Glioblastom noch immer als unheilbar.

GRALL wird von der Fondation Cancer und dem Luxembourg National Research Fund (FNR) mit insgesamt 940.000 € kofinanziert (2025-2028)

Foto (von links nach rechts): Frank Glod (LIH); Aurélie Poli (LIH); Alessandro Michelucci (LIH); Dr Carole Bauer (Fondation Cancer); Dr. Andreea Monnat (FNR), Margot Heirendt (Fondation Cancer)

Projet de recherche GRALL

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