Forschungsprojekt SYNAPODIA – für wirksamere Immuntherapien

Bei der Immuntherapie handelt es sich um eine Krebsbehandlung, die die Immunantwort des Organismus reaktiviert oder stimuliert. Sie hat die Behandlung bestimmter Krebsarten, die als unheilbar galten, revolutioniert - auch in fortgeschrittenem Stadium. Doch die Immuntherapie wirkt nur bei einer vergleichsweise geringen Anzahl von Patienten und Patientinnen. In der aktuellen Forschung versucht man herauszufinden, warum das so ist, um in Zukunft mehr Patienten und Patientinnen wirkungsvoll behandeln zu können.

08 März 2022
Forschungsprojekt Synopodia

„Dass Tumoren den zytotoxischen T-Zellen entkommen können, stellt eine massive Einschränkung für die Wirksamkeit vieler immuntherapeutischer Ansätze dar. Ein besseres Verständnis der grundlegenden Mechanismen, die die Resistenz von Krebszellen gegen das Immunsystem bedingen, ist eine fundamentale Voraussetzung für die Entwicklung wirksamerer Immuntherapien.“

Dr. Clément Thomas (Luxembourg Institute of Health)

Die Immuntherapie: vielversprechend, aber verbesserungswürdig 

Das Auftreten von Veränderungen (Mutationen) in den Zellen und die unkontrollierte Vermehrung dieser Zellen kann zur Bildung von Tumoren führen. Normalerweise werden veränderte Zellen von im Organismus „patrouillierenden“ Immunzellen rasch identifiziert und wirkungsvoll zerstört. Überleben und einen Tumor bilden können Krebszellen nur dann, wenn sie Schutzmechanismen entwickeln, die das Immunsystem ausschalten oder schwächen.

In der Immuntherapie gibt es verschiedene Verfahren, um die Immunantwort des Körpers zu reaktivieren oder zu stimulieren und den Krebs auf diesem Wege zu kontrollieren oder zu vernichten. Einige dieser Verfahren wurden bereits für die klinische Anwendung zur Behandlung von über 20 Krebsarten zugelassen. Doch obwohl die Immuntherapie theoretisch geeignet ist, die Mehrzahl aller Krebserkrankungen zu behandeln, funktioniert sie in der Praxis nur bei einer begrenzten Anzahl von Patientinnen und Patienten. Weiterhin gibt es auch bei der Immuntherapie Nebenwirkungen, und Patienten und Patientinnen, bei denen eine Immuntherapie wirkungsvoll sein könnte, werden mithilfe von Biomarkern identifiziert. Entscheidend ist nun zu verstehen, warum bestimmte Tumoren resistent gegen eine immuntherapeutische Behandlung sind, um alternative Ansätze zu entwickeln, die eine Verbesserung von Ansprechrate und Wirksamkeit der Therapien ermöglichen.

Die Fondation Cancer hat das Projekt SYNAPODIA gemeinsam mit dem Fonds National de la Recherche (FNR) mit einer Summe von 426.000 € kofinanziert.

Kooperationsvertrag mit dem Fonds National de la Recherche

Forschungsprojekt Synopodia Checkübergabe

Die immunologische Synapse: Schlachtfeld zwischen immunologischen Zellen und Krebszellen

Die zytotoxischen Lymphozyten oder T-Zellen (T-Killerzellen) spielen eine zentrale Rolle für die Verteidigung des Organismus gegen Krebszellen. Sie interagieren über eine Schnittstelle, die man als „immunologische Synapse“ bezeichnet, auf physikalischer Ebene mit den Krebszellen. Die immunologische Synapse ist unerlässlich für die Identifikation und Zerstörung von Krebszellen. Werden diese aktiviert, setzen die zytotoxischen T-Zellen in der Immunsynapse toxische Moleküle frei. Diese Moleküle häufen sich in der Synapse an und führen zur Perforation und Zerstörung der Krebszellen.

Im Rahmen des Projekts SYNAPODIA konzentriert sich das Team um Dr. Clément Thomas (Abteilung Cancer Research am Luxembourg Institute of Health) auf die „Tumorseite“ der immunologischen Synapse – die im Vergleich zur „immunologischen“ Seite bis dato noch vergleichsweise wenig erforscht ist. Aufgrund der jüngsten Resultate nimmt das Team an, dass Krebszellen Morphologie und Funktionsweise der Immunsynapse verändern können, um so den zytotoxischen T-Zellen zu entkommen.

Molekularer Schutzschild ermöglicht Immunflucht

Forschungsprojekt Synopodia

Dank hochauflösender Mikroskope, die die Beobachtung lebender Zellen möglich machen, hat das Team um Dr. Thomas unlängst entdeckt, dass Krebszellen ihre Zerstörung durch das Immunsystem nicht untätig abwarten. Sie können im Gegenteil rasch auf Angriffe durch zytotoxische T-Zellen reagieren, indem sie ihre Zellarchitektur lokal verändern und eine Art molekularen Schutzschild ausfahren, der die Entstehung einer funktionierenden immunologischen Synapse verhindert.

Eines der wichtigsten Ziele des Projekts SYNAPODIA besteht in der detaillierten Bestimmung von Beschaffenheit und Zusammensetzung dieses molekularen Schutzschilds, um herauszufinden, wie er die Krebszellen vor der Zerstörung durch die zytotoxischen T-Zellen schützt, und neue Strategien zur Wiederherstellung einer wirksamen Immunantwort auf die Tumoren zu entwickeln.

Bereits im Rahmen früherer Forschungsprojekte konnte gezeigt werden, dass es ausreicht, die Bildung dieses molekularen Schutzschilds zu verhindern, damit Krebszellen wieder durch zytotoxische T-Zellen zerstört werden können. Umgekehrt haben experimentelle Modelle gezeigt, dass eine Stimulierung der Krebszellen zur Ausbildung eines molekularen Schutzschilds in einer gesteigerten Resistenz gegen die T-Zellen resultiert. Die Charakterisierung des molekularen Schutzschilds würde einen wissenschaftlichen Durchbruch markieren, der von großer Bedeutung für die Grundlagenforschung und die translationale Forschung (die die praktische Anwendung der Forschungsergebnisse in der Patientenversorgung anstrebt) wäre. Der beschriebene Schutzmechanismus scheint bei verschiedenen Krebsarten (Brustkrebs, Eierstockkrebs, Hautkrebs, Hirnkarzinom und Lungenkrebs) aufzutreten. Die Erkenntnisse aus dem Projekt könnten damit von Bedeutung für die Behandlung verschiedener Krebsarten sein.

Krebszellen entwaffnen, um sie für die Immuntherapie angreifbar zu machen

Das Projekt SYNAPODIA verfolgt drei zentrale Ziele: 

1: Analyse von Struktur und molekularer Zusammensetzung des von den Krebszellen gebildeten Schutzschilds, um mögliche therapeutische Ansatzpunkt zur Ausschaltung der Resistenz der Tumorzellen gegen die Angriffe der zytotoxischen T-Zellen zu identifizieren;

2: detaillierte Beschreibung der systemischen, durch den molekularen Schutzschild verursachten Veränderungen in der immunologischen Mikroumgebung der Tumoren. Erste Ergebnisse lassen vermuten, dass das Schild neben seiner Schutzfunktion die zytotoxischen T-Zellen dauerhaft ausschalten und ihnen ihre Fähigkeit, andere Krebszellen zu attackieren, nehmen könnte;

3: Bewertung des therapeutischen Potenzials eines gezielten Angriffs auf den Schutzschild in Kombination mit bereits existierenden Immuntherapien.

Forschungsprojekt Synopodia 2

„Wir halten den Mechanismus, der der Immunflucht zugrunde liegt und auf den wir uns im Rahmen dieses Projekts konzentrieren, für eine wichtige Ursache für die Resistenz von Tumoren gegen die Immuntherapie“, so Dr. Thomas. „Wir müssen nun die molekularen Strukturen untersuchen, die diesem Mechanismus zugrunde liegen, und die molekularen Bestandteile identifizieren, die sich als Ziel für eine Krebstherapie anbieten. Unser Vorhaben könnte das Fundament für neue Strategien zur Verbesserung der Wirksamkeit der Immuntherapie legen und sie für eine größere Anzahl von Patientinnen und Patienten nutzbar machen.“

  • Geboren am 21/11/1975
  • Nationalität : FR
  • Dr. Clément Thomas ist seit 2015 Group Lader der Gruppe Cytoskeleton & Cancer Progression am Luxembourg Institute of Health.

Das von Dr. Clément Thomas geleitete Projekt SYNAPODIA zielt auf die Erforschung der tumoralen Seite der immunologischen Synapse und ihrer Funktion für die Resistenz von Krebszellen gegenüber zytotoxischen T-Zellen ab.

Dr. Clément Thomas forscht zur Entwicklung neuer Therapiekonzepte zur Prävention oder Kontrolle der Verbreitung von Tumoren im Organismus (Metastasen) und zur Wiederherstellung einer antitumoralen Immunantwort.

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