Zielgerichtete Therapie bei Schilddrüsenkrebs

Bestimmte Formen des Schilddrüsenkarzinoms werden seit einiger Zeit mit neuartigen Medikamenten behandelt, die ganz gezielt auf Mutationen innerhalb der Krebszellen wirken. Diese Medikamente unterscheiden sich von den klassischen Chemotherapeutika und haben häufig andere Nebenwirkungen. Bei den zielgerichteten Therapien, die zur Behandlung von Schilddrüsenkrebs zum Einsatz kommen, handelt es sich um sogenannte Kinaseinhibitoren, auch als Kinasehemmer bezeichnet. Kinasen sind Proteine im Zellinneren, die normalerweise Signale übertragen (z.B. teilen sie der Zelle mit, dass sie wachsen soll). Hemmt man nun bestimmte Kinasen, kann das zur Behandlung einiger Krebsarten beitragen.
 

Zielgerichtete Therapien des papillären oder follikulären Schilddrüsenkarzinoms

Glücklicherweise lassen sich die meisten Schilddrüsenkarzinome erfolgreich operativ oder per Radiojodtherapie behandeln, und Medikamente kommen eher selten zum Einsatz. Erweisen sich diese Behandlungen jedoch als nicht wirksam, können zielgerichtete Therapien eine sinnvolle Alternative sein.
 

Lenvatinib (LENVIMA), Sorafenib (NEXAVAR) und Cabozantinib (CABOMETYX) sind sogenannte Multikinaseinhibitoren, die mehrere Proteinkinasen hemmen können. Die Medikamente wirken auf zweierlei Art:

  • Sie verhindern, dass die Tumoren neue Blutgefäße bilden, die sie für ihr Wachstum benötigen, und    
  • sie zielen auf bestimmte Proteine ab, die von den Krebszellen gebildet werden und normalerweise zu deren Wachstum beitragen. 

Lenvatinib und Sorafenib tragen dazu bei, das Krebswachstum bei Menschen mit differenziertem Schilddrüsenkrebs (papillär oder follikulär), bei denen die Strahlentherapie nicht mehr wirkt, für eine gewisse Zeit zu stoppen. Cabozantinib eignet sich unter Umständen als Second-Line-Therapie.

Die genannten Medikamente werden oral verabreicht.

Häufige Nebenwirkungen sind Erschöpfung und Müdigkeit, Hautauschläge, Appetitlosigkeit, Durchfall, Übelkeit, Bluthochdruck und das Hand-Fuß-Syndrom (Rötungen, Schmerzen, Schwellungen oder Blasen an den Handinnenflächen oder Fußsohlen). Außerdem kann es zu schwerwiegenderen Nebenwirkungen wie starken Blutungen oder Perforationen des Dickdarms kommen.

Bei einigen papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinomen weisen die Zellen bestimmte Veränderungen im RET-Gen auf, sodass sie eine anormale Form der RET-Kinase bilden. Dieses anormale Protein unterstützt das Wachstum der Krebszellen.

Das Medikament Selpercatinib (RETSEVMO) ist ein sogenannter RET-Inhibitor, der das RET-Protein angreift. Es eignet sich zur Behandlung eines fortgeschrittenen papillären oder follikulären Schilddrüsenkarzinoms, sofern die Krebszellen bestimmte Veränderungen im RET-Gen aufweisen und die Radiojodtherapie als Behandlung nicht geeignet ist.

Das Medikament wird im Allgemeinen zweimal täglich in Kapselform eingenommen.

Häufige Nebenwirkungen von Selpercatinib sind Mundtrockenheit, Durchfall, Verstopfung, Bluthochdruck, Erschöpfung, geschwollene Hände oder Füße, Hausausschlag, Hyperglykämie (hoher Blutzuckerspiegel), ein Mangel an weißen Blutkörperchen oder Blutplättchen oder weitere Veränderungen bei den Blutwerten.

Zu den selteneren, jedoch schwerwiegenderen Nebenwirkungen gehören Leberschäden, allergische Reaktionen, Herzrhythmusstörungen, eine hohe Blutungsneigung und eine schlechte Wundheilung. 

Eine geringe Zahl an Schilddrüsenkarzinomen weist Veränderungen in einem der NTRK-Gene auf. Diese genetischen Veränderungen können das Wachstum der Krebszellen begünstigen. Larotrectinib (VITRAKVI) und Entrectinib (ROZLYTREK) zielen auf die von den NTRK-Genen produzierten anormalen TRK-Proteine und deaktivieren sie. Mit diesen Medikamenten können Personen mit einem fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom, das eine Mutation im NTRK-Gen aufweist und trotz anderer Therapien weiterwächst, behandelt werden.

Die genannten Medikamente werden in Tablettenform ein- oder zweimal am Tag eingenommen.

Häufige Nebenwirkungen dieser Medikamente sind Schwindel, Erschöpfung, Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung, Gewichtszunahme und Durchfall. Zu den selteneren, jedoch schwerwiegenderen Nebenwirkungen gehören Leberschäden, Herzbeschwerden, Verwirrtheit und andere Beschwerden im Bereich des Nervensystems.

Zielgerichtete Therapie des medullären Schilddrüsenkarzinoms

Therapien auf der Basis von Schilddrüsenhormonen sowie die Radiojodtherapie sind nicht wirkungsvoll gegen das medulläre Schilddrüsenkarzinom (MTC). Stattdessen können zielgerichtete Therapien Anwendung finden. 
 

 

Vandetanib (CAPRELSA) und Cabozantinib (CABOMETYX) sind Multikinaseinhibitoren (Medikamente, die mehrere Proteinkinasen ansteuern). Sie können unmittelbar auf die Krebszellen selbst und auf das Wachstum neuer Blutgefäße wirken (die die Tumoren benötigen, um zu wachsen). Die genannten Medikamente eignen sich zur Behandlung eines fortgeschrittenen MTC und können das Wachstum der Krebszellen für eine bestimmte Zeit stoppen, doch man weiß noch nicht genau, ob sie das Überleben der Betroffenen verlängern.

Die Medikamente werden einmal täglich in Tablettenform eingenommen.

Häufige Nebenwirkungen von Vandetanib sind Durchfall, Hautausschlag, Übelkeit, Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Erschöpfung, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen. In seltenen Fällen kann es außerdem Herzrhythmusstörungen oder schwere und sogar tödliche Infektionen verursachen. Häufige Nebenwirkungen von Cabozantinib sind Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen, Wunden im Mundraum, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsverlust, Erschöpfung, Bluthochdruck, Ergrauen der Haare und das Hand-Fuß-Syndrom (Rötungen, Schmerzen und Schwellungen der Handflächen und Fußsohlen). In seltenen Fällen kann das Medikament auch schwerwiegende Nebenwirkungen wie starke Blutungen oder Perforationen des Dickdarms verursachen.

Bei einigen medullären Schilddrüsenkarzinomen weisen die Zellen bestimmte Veränderungen im RET-Gen auf, sodass sie eine anormale Form der RET-Kinase produzieren. Dieses anormale Protein fördert das Zellwachstum.

Die Medikamente Selpercatinib (RETSEVMO) und Pralsetinib (GAVRETO) sind sogenannte RET-Inhibitoren. Sie sind zur Behandlung des fortgeschrittenen MTC geeignet, sofern die Krebszellen bestimmte Veränderungen im RET-Gen aufweisen.

Selpercatinib wird üblicherweise zweimal täglich in Kapselform eingenommen. Pralsetinib wird einmal am Tag als Gelkapsel eingenommen.

Häufige Nebenwirkungen von Selpercatinib und Pralsetinib sind Mundtrockenheit, Durchfall, Verstopfung, Bluthochdruck, Erschöpfung, angeschwollene Hände oder Füße, Hautausschlag, ein erhöhter Blutzuckerspiegel, ein Mangel an weißen Blutkörperchen oder Blutplättchen und weitere veränderte Blutwerte.
Zu den selteneren, jedoch schwerwiegenderen Nebenwirkungen gehören Leberschäden, allergische Reaktionen, Herzrhythmusstörungen, erhöhte Blutungsneigung, Lungenentzündung und Wundheilungsstörungen.

Zielgerichtete Therapien zur Behandlung des anaplastischen Schilddrüsenkarzinoms

Die folgenden zielgerichteten Therapien sind zur Behandlung des anaplastischen Schilddrüsenkarzinoms geeignet.
 

Bestimmte anaplastische Schilddrüsenkarzinome weisen Veränderungen im BRAF-Gen auf, sodass sie bestimmte Proteine bilden, die das Tumorwachstum fördern können.

Die Medikamente Dabrafenib (TAFINLAR) und Trametinib (MEKINIST) steuern einige dieser Proteine an. (Dabrafenib wirkt auf das BRAF-Gen, während Trametinib auf das daran gebundene MEK-Protein abzielt.) Die Medikamente können zur Behandlung anaplastischer Schilddrüsenkarzinome, die eine bestimmte Veränderung im BRAF-Gen aufweisen und die nicht vollständig operativ entfernt werden konnten, kombiniert angewendet werden.

Die genannten Medikamente werden täglich in Tabletten- oder Kapselform eingenommen.

Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Hautveränderungen, Hautausschläge, Juckreiz, Sonnenempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Gelenk- oder Muskelschmerzen, Erschöpfung, Husten, Haarausfall, Übelkeit, Durchfall und Bluthochdruck.
Seltenere, jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen sind Blutungen, Herzrhythmusstörungen, Leber- oder Nierenprobleme, Lungenprobleme, schwere allergische Reaktionen, schwere Haut- oder Augenprobleme und ein erhöhter Blutzuckerspiegel.
Einige Personen, die mit diesen Medikamenten behandelt werden, erkranken an Hautkrebs, insbesondere am kutanen Plattenepithelkarzinom. Darum wird Ihre Haut während der Therapie regelmäßig ärztlich untersucht. Falls Sie selbst neue Ekzeme oder auffällige Stellen an Ihrer Haut entdecken, sollten Sie Ihr Behandlungsteam ebenfalls unbedingt informieren.

Bei einigen anaplastischen Schilddrüsenkarzinomen weisen die Zellen bestimmte Veränderungen im RET-Gen auf, die bewirken, dass sie eine anormale Form der RET-Kinase produzieren. Dieses anormale Protein fördert das Zellwachstum.

Das Medikament Selpercatinib (RETSEVMO)  ist ein sogenannter RET-Inhibitor, der das RET-Protein angreift. Es eignet sich zur Behandlung des fortgeschrittenen anaplastischen Schilddrüsenkarzinoms, sofern die Krebszellen bestimmte Veränderungen im RET-Gen aufweisen.

Das Medikament wird im Allgemeinen zweimal täglich in Kapselform eingenommen.

Häufige Nebenwirkungen von Selpercatinib sind Mundtrockenheit, Durchfall, Verstopfung, Bluthochdruck, Erschöpfung, geschwollene Hände oder Füße, Hautausschlag, ein erhöhter Blutzuckerspiegel, ein Mangel an weißen Blutkörperchen oder Blutplättchen oder weitere Veränderungen bei den Blutwerten.

Zu den selteneren, jedoch schwerwiegenderen Nebenwirkungen gehören Leberschäden, allergische Reaktionen, Herzrhythmusstörungen, eine hohe Blutungsneigung und Wundheilungsstörungen. 

Eine geringe Zahl der anaplastischen Schilddrüsenkarzinome weist Veränderungen in einem der NTRK-Gene auf. Diese Genmutationen können das Wachstum der Krebszellen fördern. Larotrectinib (VITRAKVI) und Entrectinib (ROZLYTREK)  steuern die von den NTRK-Genen produzierten anormalen TRK-Proteine an und deaktivieren sie. Die genannten Medikamente eigenen sich zur Behandlung von Personen mit einem fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom, das eine Mutation im NTRK-Gen aufweist und trotz der anderen Therapien weiterwächst.

Die genannten Medikamente werden in Tablettenform ein- oder zweimal am Tag eingenommen.

Häufige Nebenwirkungen dieser Medikamente sind Schwindel, Erschöpfung, Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung, Gewichtszunahme und Durchfall. Zu den selteneren, jedoch schwerwiegenderen Nebenwirkungen gehören Leberschäden, Herzbeschwerden, Verwirrtheit und andere Beschwerden im Bereich des Nervensystems.

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