Kann man Prostatakrebs in einem frühen Stadium entdecken?

Die Früherkennung besteht in einer Untersuchung, die es ermöglicht, den Krebs zu entdecken, bevor die Betroffenen überhaupt Symptome verspüren. Bei bestimmten Krebsarten kann man die Krebserkrankung dank der Früherkennung in einem Frühstadium entdecken, wenn sie sich noch leichter behandeln lässt.

Prostatakrebs lässt sich anhand des PSA-Wertes im Blut im Frühstadium entdecken. Außerdem kann man ein Prostatakarzinom durch eine digitale rektale Tastuntersuchung (DRU) feststellen.

Sind die Ergebnisse der einen oder anderen Untersuchung auffällig, werden häufig zusätzliche Untersuchungen zur Bestätigung der Diagnose durchgeführt, z.B. eine Biopsie.

Früherkennung von Prostatakrebs

Problematik der Prostatakrebs-Früherkennung 

Wird ein Prostatakrebs im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt, ist es wahrscheinlich, dass er sich noch in einem frühen Stadium befindet und damit leichter behandelt werden kann, als wenn keine Vorsorgeuntersuchung stattgefunden hätte.

Man sollte darum vermuten, dass Vorsorgeuntersuchungen zur Prostatakrebsfrüherkennung grundsätzlich eine gute Sache sind, doch in dieser Frage gibt es einige Unsicherheiten. Insbesondere ist fraglich, ob die Vorteile der Vorsorge gegenüber den Risiken überwiegen.

Weder der PSA-Wert noch die Tastuntersuchung ist 100 % zuverlässig. Es kann bei diesen Untersuchungen auch auffällige Resultate geben, wenn kein Krebs vorliegt (sogenannte falsch-positive Ergebnisse), oder auch unauffällige Befunde, wenn ein Krebs vorliegt (sogenannte falsch-negative Ergebnisse). Falsch-positive Befunde können für Männer, die gar keinen Krebs haben, eine Prostata-Biopsie nach sich ziehen (mit dem Risiko von Schmerzen, Infektionen oder Blutungen). Und falsch-negative Befunde können die Betroffenen in Sicherheit wiegen, obwohl ein Krebs vorliegt.

Es erscheint zwar naheliegend, alle Prostatakrebserkrankungen in einem möglichst frühen Stadium zu behandeln, doch bestimmte Prostatakarzinome entwickeln sich so langsam, dass sie den Betroffenen im Laufe ihres Lebens nie Probleme bereiten werden.

Als Überdiagnose bezeichnet man die Diagnose einer „Krankheit“, die, hätte man sie nicht entdeckt, den Betroffenen zeit ihres Lebens keine gesundheitlichen Beschwerden bereitet hätte und keine Gefahr für ihr Leben bedeutet hätte. Ohne Früherkennung hätten diese Männer niemals erfahren, dass sie Krebs haben, einen Krebs, der weder Symptome verursacht noch zum Tod geführt hätte.

Ein Problem bei der Überdiagnose von Prostatakrebs ist, dass in der Folge wahrscheinlich viele Männer eine chirurgische oder strahlentherapeutische Behandlung erhalten – entweder, weil man sich auf ärztlicher Seite nicht sicher ist, wie schnell das Karzinom wächst und sich verbreitet, oder weil sie nicht mit dem Gedanken zurechtkommen, dass sie trotz Krebserkrankung keine Therapie erhalten.

Die Behandlung einer Krebserkrankung, die nie irgendwelche Beschwerden verursacht hätte, bezeichnet man als Übertherapie. Eine derartige Therapie kann Nebenwirkungen haben, die die Harnwege, den Darm und die Sexualorgane betreffen und die Lebensqualität des Betroffenen nachhaltig beeinträchtigen.

Die betroffenen Männer und ihre Behandlungsteams stehen dann vor der schwierigen Frage, ob eine Behandlung unmittelbar notwendig ist oder ob eine engmaschige Beobachtung der Erkrankung ohne sofortige Therapie (watchful waiting oder „wachsames Abwarten“) eine Option ist. Selbst wenn die Männer nicht sofort eine Therapie erhalten, muss ihr PSA-Wert regelmäßig kontrolliert werden, außerdem ist regelmäßig eine Prostata-Biopsie notwendig. Bei diesen Untersuchungen besteht das Risiko von Angstattacken, Schmerzen, Infektionen und Blutungen.

Die Prostatakrebsvorsorge mittels PSA-Screening wird vielfach kritisch diskutiert und gehört zu den umstrittensten Fragen der urologischen Onkologie.

Auslöser dieser Grundsatzdebatte über den PSA-Wert waren unter anderem zwei große Studien, die PLCO-Studie (Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian [PLCO] Cancer Screening Trial) und die ERSPC-Studie (European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer). Tatsächlich ergab die Interpretation ihrer Ergebnisse nach drei bis fünf Jahren keinen Überlebensvorteil durch die PSA-Messung. Damit blieb allein das Risiko der Übertherapie mit allen damit einhergehenden Nebenwirkungen. 2009 löste die Vorveröffentlichung dieser Studienergebnisse heftige Diskussionen über die Bedeutung der Überbehandlung von Prostatakrebs aus, und es kam zu einer Medienkampagne gegen den Einsatz von PSA-Screenings zur Prostatakrebsvorsorge.

In den USA ging der Ausschuss US Preventive Services Task Force (USPSTF) 2008 auf der Grundlage dieser ersten Ergebnisse sogar so weit, sich gegen eine systematische Messung des PSA-Werts bei Männern über 75 Jahren auszusprechen, 2012 dann für alle Altersgruppen. Und in so einem frühen Stadium ließen die ersten Ergebnisse der ERSPC-Studie noch keinen Nachweis einer verbesserten Prognose für die Patientengruppe zu, die mittels PSA-Wert gescreent wurde. Später offenbarte dann eine weiterreichende Analyse der Daten aus der PLCO-Studie, dass ein großer Teil der Probanden, die angeblich keine PSA-Messungen erhalten hatten, ihren PSA-Wert dennoch hatten bestimmen lassen: Der Anteil der „verunreinigten“ Daten lag bei über 80 %, und das Datenmaterial war damit nicht mehr interpretierbar. Später konnte die europäische ERSPC-Studie dann zeigen, dass sich mit dem PSA-Screening das Überleben von Patienten, bei denen ein lokalisiertes Prostatakarzinom diagnostiziert wurde, verbessert (Minderung des Sterberisikos um 37 % auf 14 Jahre). Die USPSTF revidierte ihre ursprüngliche Empfehlung gegen die routinemäßige Messung des PSA-Werts erst 2017.

Inzwischen steht mit der multimodalen Bildgebung der Prostata-MRT (Magnetresonanztomografie) außerdem ein neues Verfahren zu Lenkung gezielter Biopsien zur Verfügung, das zu Fortschritten in der Praxis der Früherkennung verändert hat.

Wenn Sie sich individuell für eine Früherkennungsuntersuchung auf Prostatakrebs entscheiden, sollten Sie sich im Vorfeld ausführlich über Vorteile und Nebenwirkungen informieren und mit einem Arzt oder einer Ärztin Ihres Vertrauens besprechen.

Untersuchungen zur Prostatakrebsvorsorge

Die hier besprochenen Untersuchungen zur Früherkennung kommen zum Einsatz, um mögliche Anzeichen eines Prostatakarzinoms zu entdecken. Diese Untersuchungen geben aber nicht mit Sicherheit Auskunft darüber, ob Sie an Krebs erkrankt sind. Ist das Ergebnis einer der beschriebenen Untersuchungen auffällig, wird zur Bestätigung der Diagnose wahrscheinlich eine Prostatabiopsie notwendig.

Bei dem prostataspezifischen Antigen (PSA) handelt es sich um ein Eiweiß, das von den Prostatazellen hergestellt wird (sowohl von gesunden als auch von Krebszellen). Das PSA findet sich im Wesentlichen im Sperma, doch eine kleine Menge lässt sich auch im Blut feststellen. Der PSA-Wert im Blut wird in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) gemessen.

Das Risiko eines Prostatakarzinoms steigt mit dem PSA-Wert, doch es gibt keinen Schwellenwert, anhand dessen sich mit Sicherheit sagen ließe, dass ein Mann an Prostatakrebs erkrankt ist – oder eben nicht. In medizinischen Fachkreisen gelten PSA-Werte unter 4 ng/ml gemeinhin als normal.

  • Ein Wert über 4 ng/ml gilt allgemein als auffällig, wobei ein erhöhter PSA-Wert auch andere Gründe als ein Prostatakarzinom haben kann, etwa eine Prostataentzündung (Prostatitis) oder eine gutartige Vergrößerung der Prostata (BPH).
  • Jedoch haben nur drei von zehn Männern, deren PSA-Wert über 4 ng/ml und unter 10 ng/ml liegt, ein Prostatakarzinom; und einer von zehn Männern, deren PSA-Wert weniger als 4 ng/ml beträgt, hat Krebs.
  • Bei einem PSA-Wert über 10 ng/ml liegt die Wahrscheinlichkeit, einen Krebs zu haben, bei über 50%.

Wenn Sie einen erhöhten PSA-Wert haben, werden möglicherweise weitere Untersuchungen anberaumt, um festzustellen, ob Sie ein Prostatakarzinom haben (s. weiter unten „Auffälliger Befund bei den Vorsorgeuntersuchungen“).
Für die Ermittlung des PSA-Wertes ist nur eine einfache Blutabnahme notwendig.
 

Faktoren, die Einfluss auf den PSA-Wert haben

Dass sich kein Schwellenwert für den PSA-Wert im Blut bestimmen lässt, liegt daran, dass es neben einer Krebserkrankung eine Reihe anderer Faktoren gibt, die Ursache für einen erhöhten PSA-Wert sein können.

Weitere Faktoren, die den PSA-Wert steigen lassen, sind:

  • Vergrößerungen der Prostata, etwa in Form einer gutartigen Prostatavergrößerung (BPH), die bei älteren Männern häufig vorkommt;
  • das Alter, denn der PSA-Wert steigt mit dem Alter. Bei Männern unter 60 Jahren gilt ein PSA-Wert unter 4 ng/ml als normal, bei Männern jenseits der 60 steigt der Wert mit jedem Lebensjahr um 0,04 ng/ml. Für Männer über 70 gilt ein PSA-Wert unter 6,5 ng/ml als normal.
  • Entzündung oder Infektion der Prostata (Prostatitis);
  • Samenerguss;
  • Radfahren; 
  • bestimmte urologische Untersuchungen: digitale rektale Tastuntersuchung, Prostatabiopsie, Blasenspiegelung; 
  • bestimmte Medikamente: Die Einnahme von männlichen Hormonen kann einen erhöhten PSA-Wert bedingen.

Spezielle PSA-Tests

Wenn Ihr PSA-Wert auffällig ist, lässt Ihre behandelnde Ärztin unter Umständen noch andere PSA-Werte bestimmen.

Freies PSA: PSA liegt in zwei grundlegenden Formen im Blut vor: als gebundenes PSA, d.h., es ist an andere Eiweiße im Blut gebunden, und als freies PSA, das frei im Blut zirkuliert. Das freie PSA macht einen Teil des Gesamt-PSA aus (Gesamt-PSA = freies PSA + gebundenes PSA). Je geringer der Anteil des freien PSA ist, desto größer ist das Krebsrisiko.

Das Verhältnis zwischen freiem PSA und Gesamt-PSA bezeichnet man als PSA-Quotienten. Er gibt das Verhältnis der Menge an frei im Blut zirkulierendem PSA zum Gesamt-PSA-Wert an. Er findet Anwendung zu Bewertung des Prostatakrebsrisikos bei Patienten, die einen PSA-Wert zwischen 4 und 10 ng/ml haben. Im Falle einer Krebserkrankung wird der Anteil des freien PSA geringer. Ein niedriger PSA-Quotient kann Hinweis auf eine Krebserkrankung sein, während ein hoher PSA-Quotient eher auf eine BPH hindeutet. Aber auch bei einem unauffälligen PSA-Quotienten kann man die Möglichkeit eines Krebses nicht vollkommen ausschließen.

Wenn Ihr PSA-Wert im Grenzbereich zwischen 4 und 10 ng/ml liegt, kann der PSA-Quotient, also das Verhältnis von freier PSA zur Gesamt-PSA, hilfreich für die Entscheidung für oder gegen eine Biopsie sein.
 

Für eine digitale rektale Untersuchung zieht der Arzt einen Gummihandschuh oder -Fingerling über, der mit Gleitgel bestrichen wird. Dann führt er den Zeigefinger in den After ein, um die Prostata auf etwaige Knoten oder Verhärtungen abzutasten, die Anzeichen für ein Karzinom sein können. Da Prostatakarzinome sich häufig an der hinteren Oberfläche der Prostata bilden, lassen sie sich manchmal bei einer rektalen Untersuchung ertasten. Die Untersuchung kann etwas unangenehm sein (insbesondere für Männer mit Hämorrhoiden), doch im Allgemeinen ist sie nicht schmerzhaft und dauert auch nicht lange.

Zur Entdeckung einer Krebserkrankung ist eine Tastuntersuchung weniger effizient als eine Blutuntersuchung auf PSA, doch dabei werden bisweilen bei Männern mit normalem PSA-Wert Tumoren aufgespürt.

Auffälliger Befund bei den Vorsorgeuntersuchungen

Wenn Ihr PSA-Wert höher ist als normal, kann Ihre Ärztin Ihnen zu einer der folgenden Optionen raten:

  • eine Weile zu warten und den PSA-Wert dann nochmals bestimmen zu lassen;
  • eine andere Untersuchung vorzunehmen, um festzustellen, ob Sie ein Prostatakarzinom haben;
  • Durchführung einer Prostatabiopsie zur Bestätigung der Krebsdiagnose.

Lassen Sie sich hinsichtlich der verschiedenen Optionen unbedingt ärztlich beraten, auch was mögliche Vor- und Nachteile angeht. Die folgenden Faktoren sollten Sie in Ihre Entscheidungsfindung mit einbeziehen:

  • Ihr Alter und Ihren allgemeinen Gesundheitszustand;
  • die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Prostatakrebs haben (auf Grundlage der bis dahin durchgeführten Untersuchungen);
  • inwiefern Sie bereit oder auch zu beunruhigt sind, um zu warten oder sich weiteren Untersuchungen zu unterziehen.

Wenn die erste Bestimmung des PSA-Wertes durch Ihren Hausarzt in die Wege geleitet wurde, wird er Sie für die Beratung oder weitere Untersuchungen möglicherweise an eine Urologin überweisen.

Der PSA-Wert eines Mannes kann aus verschiedenen Gründen immer wieder Schwankungen unterworfen sein. Darum wird bei einem auffälligen PSA-Wert gelegentlich von ärztlicher Seite geraten, den PSA-Wert nach einem Monat noch einmal bestimmen zu lassen. Dies erscheint vor allem dann sinnvoll, wenn der PSA-Wert sich am unteren Ende des Grenzbereichs (im Allgemeinen zwischen 4 und 7 ng/ml) befindet. Bei höheren Werten lautet die medizinische Empfehlung eher, weitere Untersuchungen oder auch gleich eine Prostatabiopsie vorzunehmen.

Wenn das Ergebnis des ersten PSA-Tests auffällig ist, können noch weitere Untersuchungen vorgenommen werden:

  • eine digitale rektale Untersuchung (DRU), sofern sie nicht bereits erfolgt ist;
  • Bestimmung des Anteils an freiem PSA und des PSA-Quotienten (Verhältnis freie PSA/Gesamt-PSA)
  • Untersuchung der Prostata per bildgebendem Verfahren, etwa per MRT oder transrektalem Ultraschall (TRUS)