Recht auf Vergessenwerden (Droit à l'oubli)

Seit dem 1. Januar 2020 gilt in Luxemburg das Recht auf Vergessenwerden, (droit à l'oubli) das Menschen mit einer Krebserkrankung die Lebensplanung erleichtert. Bis dahin wurden selbst ehemalige Krebspatienten und -patientinnen mit einer geheilten Krebserkrankung bei der Vergabe von Immobilienkrediten benachteiligt. Angesichts dieser schwierigen und ungerechten Situation hatten die Betroffenen sich an die Fondation Cancer und die Fondation Kriibskrank Kanner gewandt, die sich dann gemeinsam dafür eingesetzt haben, dass dieses Problem im Ersten Nationalen Krebsplan aufgegriffen wird.

Nach der Krebserkrankung - Recht auf Vergessenwerden

Wenn Sie bei einer Bank einen Immobilienkredit aufnehmen wollen, müssen Sie im Allgemeinen bei einer Versicherung Ihrer Wahl eine Restschuldversicherung abschließen. Eine solche Versicherung dient dazu, die Zahlungsverpflichtungen im Rahmen eines Immobilienkredits im Falle bestimmter Risiken (Tod, Arbeitsunfähigkeit, vollständiger und unwiderruflicher Verlust der Selbständigkeit) abzusichern, und ist häufig Voraussetzung für die Genehmigung eines Immobilienkredits.
Menschen mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko müssen jedoch einen Risikoaufschlag zahlen, d. h. eine zusätzliche Prämie zur Absicherung eines Risikos, dessen spezifische Merkmale nicht der Norm entsprechen und das über die üblichen Risiken hinausgeht. Für Menschen, die an einer Krebserkrankung leiden, kann dieser Risikoaufschlag so hoch sein, dass sie finanziell nicht in der Lage sind, einen Immobilienkreditvertrag abzuschließen. Das kann sogar dann der Fall sein, wenn sie seit Langem geheilt sind oder wenn es sich um einen Krebs im Anfangsstadium handelte.

Die Grundlagen des Rechts auf Vergessenwerden

Das Recht auf Vergessenwerden bedeutet, dass eine in der Vergangenheit aufgetretene Krebserkrankung nicht mehr bekannt gegeben werden muss. Es gibt einer Person, die eine Kreditversicherung zur Absicherung eines Immobilienkredits für den Erwerb ihres Hauptwohnsitzes abschließen möchte, das Recht, eine Krebserkrankung nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht anzugeben. Damit wirkt es der weiteren Benachteiligung von Personen, die eine Krebserkrankung besiegt haben, bei Abschluss einer Kreditversicherung entgegen. Die Vereinbarung zwischen der Regierung und dem Versicherungsverband ACA (l’association des compagnies d’assurances et de réassurances) gilt: 

  • einzig und ausschließlich für die Restschuldversicherung (unter ausdrücklichem Ausschluss der Absicherung bei Invalidität und Berufsunfähigkeit); 
  • für einen oder mehrere Immobilienkredite für den Erwerb eines Hauptwohnsitzes oder gewerblicher Räume,
  • wobei die maximale Deckungshöhe der Restschuldversicherung den Betrag von 1.000.000 Euro nicht überschreiten darf (dieser Betrag wird regelmäßig – spätestens nach fünf Jahren – überprüft und gegebenenfalls der Entwicklung der Immobilienpreise angepasst). Sie gilt nicht für den Erwerb eines Zweitwohnsitzes oder für Investitionen in Mietobjekte. 

Das Alter des Versicherungsnehmers ist ebenfalls von Bedeutung: Er darf nicht älter als 70 Jahre sein.

Definition

Unter Behandlungsabschluss versteht man: „den Zeitpunkt, zu dem die aktive Behandlung der Krebserkrankung ohne Rückfall mittels Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie in einer zugelassenen medizinischen Einrichtung beendet wurde und ab dem keine weitere Behandlung notwendig ist. Eine Ausnahme bilden mögliche Langfristtherapien wie etwa eine Hormon- oder Immuntherapie“. Unter einem Rückfall versteht man „jedes neuerliche Auftreten des Krebses, das auf medizinischem Wege – sei es durch eine klinische oder biologische Untersuchung oder ein bildgebendes Verfahren – festgestellt wurde“.

Die Bedingungen 

In der Praxis bedeutet das, dass bei dem Antrag auf eine Restschuldversicherung für einen Immobilienkredit 

  • der Antragsteller das Recht hat, seine Krebserkrankung nicht anzugeben, sofern die Behandlung dieser Krebserkrankung vor mehr als zehn Jahren abgeschlossen wurde; die Behandlung dieser Krebserkrankung vor mehr als fünf Jahren abgeschlossen wurde (bei Krebserkrankungen, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres diagnostiziert wurden); es zu keinem Rückfall gekommen ist.
  • Die Versicherungsunternehmen verpflichten sich, keinerlei medizinische Informationen bezüglich einer Krebserkrankung in die Risikobewertung und die Prämienberechnung einfließen zu lassen, sofern die Behandlung dieser Krebserkrankung vor mehr als zehn Jahren abgeschlossen wurde und es nicht zu einem Rückfall gekommen ist. Gleiches gilt für Krebserkrankungen, die bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres diagnostiziert wurden, deren Behandlung vor über fünf Jahren abgeschlossen wurde und die ohne Rückfall geblieben sind. Angesichts dieser Kriterien muss man feststellen, dass ein Großteil der in Behandlung befindlichen Krebspatienten und -patientinnen weiterhin ausgeschlossen bleibt. Letztlich werden nur wenige Menschen in den Genuss einer Restschuldversicherung ohne Risikoaufschlag kommen.

Ergänzend zum Recht auf Vergessenwerden gibt es eine als Referenztabelle (Teil 1) bezeichnete Liste, auf der diverse Krebserkrankungen aufgeführt sind.

Als Basis für diese Tabelle dient die französische Referenztabelle vom 16. Juli 2018.

Bei Antrag auf eine Restschuldversicherung für einen Immobilienkredit müssen Antragstellerinnen und Antragsteller, die von einer der in der Tabelle aufgeführten Krebsarten geheilt wurden (insgesamt gehören zehn Krebsarten zu der Gruppe*), ihre Erkrankung zwar bekannt machen, aber der Versicherungsgeber darf sie, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind, nicht ausschließen oder einen Risikoaufschlag fordern.

Damit haben die Antragsteller und Antragstellerinnen bereits nach einer Frist von weniger als zehn oder im Fall fünf Jahren (nach Behandlungsende und ohne Rückfall) Zugang zu einer Restschuldversicherung ohne Risikoaufschlag. Bei Erfüllung der entsprechenden Bedingungen verpflichten sich die unterzeichnenden Versicherungsunternehmen, für den Zugang zu der Versicherung oder für die Berechnung der Prämien für die Restschuldversicherung keinerlei medizinische Informationen hinsichtlich einer Krebserkrankung zu berücksichtigen.

Kontroll- und Revisionsausschuss

Über die korrekte Anwendung der Bestimmungen der Vereinbarung und die Einhaltung der Verpflichtungen durch die beteiligten Parteien wacht ein Sachverstän¬digenausschuss. 
Zu dessen Aufgaben gehört es, die Notwendigkeit eventueller Anpassungen der Referenztabelle zu beur¬teilen, wenn es neue wissenschaftliche Daten gibt, die therapeutische Fortschritte bezüglich der betroffenen Erkrankungen spiegeln. Außerdem erfolgt spätestens drei Jahre nach Abschluss der Vereinbarung eine Revi¬sion der Referenztabelle.

Mit dieser Vereinbarung ist Luxemburg nach Frank¬reich und Belgien das dritte europäische Land, das im Bereich der Restschuldversicherungen das Recht auf Vergessenwerden eingeführt hat, um damit Men¬schen, die aufgrund einer vorangegangenen Krebser¬krankung ein erhöhtes Risiko aufwiesen, den Zugang zu dieser Versicherung zu erleichtern.

Gut zu wissen

Die Versicherungsverband ACA hat die Verein¬barung als Grundsatzregel angenommen, d. h. , dass die Vereinbarung für alle Mitglieder der ACA (neben den Unterzeichnern der Vereinbarung, namentlich Allianz Life Luxembourg, Ame Life Lux, Axa Assurances-vie Luxembourg, Bâloise Vie Luxembourg, Cardif-Lux Vie, Foyer Vie, La luxembourgeoise Vie, Raiffeisen Vie SA), die Restschuldversicherungen vertreiben, verbindlich ist.

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